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1. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 63

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
§ 91. Friedrich Iii. Friedrich Wilhelm I. 63 Um der Landwirtschaft zu dienen, setzte er die von dem Großen Kurfürsten begonnene innere Kolonisation fort, indem er 1731 etwa 20000 von dem Bischof Firmian von Salzburg aus ihrer Heimat vertriebene Protestanten aufnahm und sie namentlich in Pommern und Ostpreußen ansiedelte; um die Leistungsfähigkeit der heimischen Industrie zu steigern, bewahrte er sie durch Schutzzölle und Einfuhrverbote vor erdrückender ausländischer Konkurrenz (Aufnahme böhmischer Tuchweber); um seine Untertanen mit besseren Kenntnissen und Fertigkeiten auszurüsten, gründete er, dem Wissenschaft und Kunst gleichgültig waren, viele Volksschulen, führte er den Schulzwang ein und rief das erste Seminar zur Heranbildung von Volksschullehrern in Preußen ins Leben. 5. Ein besonderes Anliegen war dem König die Steigerung st^™natbfr der Wehrkraft des Landes. Aus diesem Grnnde wandte er der Armee die größte Sorgfalt zu, wobei dem sonst so sparsamen Monarchen keine Ausgabe zu groß war. Es gelang ihm auch, dnrch Aushebung von Landeskindern (meist Bauern) und durch Anwerbung Fremder die Zahl seiner Truppen von 38000 aus etwa 80000 zu bringen und ein sehr tüchtiges, in der Hauptsache aus heimischen Adeligen zusammengesetztes Offizierskorps zu schaffen. (Errichtung eines Kadettenhauses.) Wesentliche Dienste bei der Verbesserung des Heerwesens leistete ihm sein vertrauter Ratgeber Leopold von Dessau (der „alte Dessauer"), der sich im Spanischen Erbsolgekrieg Lorbeeren erworben hatte. Eine beinahe krankhafte Vorliebe zeigte Friedrich Wilhelm I. für „lange Kerle". Wo er solche antraf, ließ er sie anwerben. Er bildete ans ihnen die bekannte Potsdamer „Riesen- garde", in welcher er sein „militärisches Ideal zu realisieren suchte". 6. Unter der Regierung Friedrich Wilhelms I. erfuhr Preußen Vergrößerung eine wertvolle Erweiterung. Im Utrechter Frieden, 1713, erhielt es ^ieu'un''' Obergeldern (§ 85, 9) und im Stockholmer Frieden, 1720, wurde ihm Vorpommern zwischen Oder und Peene, Stettin und die Inseln Usedom und Wollin einverleibt (§ 87, 7). Dagegen trat es seine afrikanischen Kolonien, weil deren Behauptung sehr kostspielig war, an die Hollandisch-ostindische Kompagnie ab. Friedrich Wilhelm I. starb 1740. Er hinterließ ein pflichttreues Beamtentum, ein schlagfertiges, starkes Heer, eine gefüllte Staatskasse, einen Staat von 2200 Quadratmeilen und etwa 2 a/4 Millionen Einwohner und dies Erbe gewährte seinem Sohn und Nachfolger die Mittel zur Ausführung seiner gewaltigen Taten.

2. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 186

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
186 X. Vom Wiener Kongreß bis zur Wiederaufrichtung des Deutschen Kaisertums. § 131. Der Preußisch-deutsche Zollverein 1834. 1. Wir haben gesehen, daß die Bundesversammlung in Frankfurt a. M. hinsichtlich des nationalen und konstitutionellen Gedankens eine hemmende, ja unterdrückende Tätigkeit ausübte und daß sie da, wo von seiten einzelner Fürsten das Bestreben nach einem freien inneren Ausbau der Eiuzelstaateu hervortrat, kein Mittel unversucht ließ, um den Regierungen die Hände zu binden. Wie unerquicklich nun auch das Bild war, welches Deutschland in politischer Beziehung darbot, auf wirtschaftlichem Gebiete, sowie in Kunst und Wissenschaft kam es in der langen Friedenszeit zu einer äußerst erfreulichen Entwicklung der Kräfte. Wir betrachten hier die wirtschaftlichen Erscheinungen. "de"m deutschen^ 2- Nach dem Wiener Kongreß erhoffte man in ganz Deutschland iebenmaenben nac^ einer langen Lähmung und Fesselung der produktiven Kräfte Druckes, eilte Belebung von Industrie, Handel und Verkehr. Dieselbe trat jedoch nicht eilt. Die Ursache davou war: 1. das massenhafte Einstro m e n e n g l i s ch e r F a b r i k a t e, die während der Kontinentalsperre in England hergestellt und aufgestapelt und nun zu (Schleuderpreisen ans dem deutschen Markt abgesetzt wurden, und 2. das in Deutschland herrschende unheilvolle Grenzzollsystem, welches die vielen Staaten fast hermetisch Don einander abschloß, die Zirkulation der Waren außerordentlich belästigte und verteuerte und den Schmuggel mit seinen entsittlichenden Wirkungen zur höchsten Blüte brachte. „Das Bedürfnis eines wirksamen Schutzes der nationalen Industrie" veranlaßte verschiedene Fabrikanten, sich hilfesuchend an den Bundestag zu wenden. Aber das Zentralorgan in Frankfurt kümmerte sich nicht um die Beförderung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen, obwohl Artikel 19 der Bundesakte eine Regelung des Handels und Verkehrs zwischen den verschiedenen Bundesstaaten in Aussicht stellte. Da trat Preußen hervor und zeigte den deutschen Regierungen den einzig richtigen Weg zur Besserung der Verhältnisse. Das preußische 3. Es erließ 1818 ein Zollgefetz, welches zwischen den eigenen Z^llgesetz vou Provinzen die Beschränkung des freien Verkehrs aufhob, die Zölle an die Grenzen des Staates verlegte, die Einfuhr der Rohstoffe entweder gar nicht oder nur sehr gering belastete, für die Manufakturwaren eiueu mäßigen Schutzzoll (10 %), für die Kolonialwaren jedoch einen höheren Finanzzoll (20%) einführte. Da bei der Zerrissenheit des preußischen Gebietes die preußische Grenzlinie eine Menge von Staaten berührte, so stellte sich die Ausdehnung des Zollgesetzes auf die benachbarten Staaten als eine Notwendigkeit heraus. Vor allem war es der

3. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 187

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
§ 131. Der Preußisch-deutsche Zollverein 1834. 187 Regierung darum zu tun, Kurhesseu und Hessen-Darmstadt, wodurch Preußen in eine östliche und westliche Hälfte geteilt wurde, zum Anschluß zu bewegen. Es gelang. 1828 kam es zwischen Preußen und Hessen-Darmstadt, 1831 zwischen Preußen und Knrhessen zur festen Einigung. Die Gemeinsamkeit der wirtschaftlichen Interessen veranlaßte 1828 auch Bayern und Württemberg zur Begründung eines Zollvereins. 4. Es lag nun im Vorteil des norddeutschen und des süddeutschen ®eutf|eeu3o^5 Verbandes, eine Einigung beider herbeizuführen. Die darauf gerichteten bercin 1834• Bemühungen gelangten 1833 34 durch Errichtung des Preußisch-deutschen Zollvereins zu eiuem sehr erfreulichen Abschluß. In der Nenjahrsnacht 1833/34 fielen die Schlagbäume zwischen den meisten deutschen Ländern. Hochbeladene Frachtwagen hatten sich in langen Zügen vor allen Mauthäusern angesammelt. Mit dem Glockenschlag 12 zogen die Rosse an und nun ging es unter dem Jubel lärmender Volkshaufen lustig vorwärts. Anfangs umfaßte die ueue Einigung Preußen, Hessen-Darmstadt, Kurhessen, Sachsen, die thüringischen Staaten, Bayern und Württemberg. In den folgenden Jahrzehnten schlossen sich auch die übrigen Staaten an. (Hannover 1854, Mecklenburg 1866, Hamburg und Bremen 1888). Nur Österreich blieb außerhalb des Bundes. — Etwas Großes hatte sich unter Preußens Führung in aller Stille vollzogen. Deutschland war wirtschaftlich geeinigt, war von der „Einzelstaatswirtschaft zur nationalen Wirtschaft" übergegangen und damit war der Grundstein zu einer noch bedeutsameren Einheit in deu Boden gesenkt. Die Erzeugnisse der zum Verein gehörigen Länder (ausgenommen Bier- und Branntwein, für welche eine Übergangsabgabe entrichtet werden mußte) gingen ohne Eingangs- und Durchgangssteuer nach allen Territorien des Zollgebietes. Die von außen kommenden Waren wurden an der Grenze nach einheitlichem Tarif besteuert und konnten dann ebenfalls nach allen Richtungen zirkulieren. Alle Zölle flössen in eine gemeinsame Zollvereinskasse und wurden von hier ans an die einzelnen Staaten nach Maßgabe der Bevölkerung verteilt. 5. „Die wohltätigen Folgen des Bundes zeigten sich bald in Aufschwung ^von einer allgemeinen Entfesselung und Belebung" der wirtschaftlichen Kräfte. Handel. Ein neuer, aufstrebender Geist regte sich im deutschen Bürgertum und offenbarte sich in einer Rührigkeit und Schaffensfreudigkeit, die an die schönste Zeit der mittelalterlichen Hansa erinnerte. Die Industrie, die Fabriken begannen mit dem Ausland zu wetteifern, ja sie suchten in manchen Zweigen die fremden Leistungen zu überflügeln, und gleichen Schritt mit der industriellen Entwicklung hielt der Aufschwung des Handels. Die deutsche Hanbelsslotte eroberte ein Gebiet nach dem anberen; balb nahm sie nächst der englischen und amerikanischen

4. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 265

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
§ 147. Maximilian Ii. 1848-1864. 265 heit und strengem Rechtsgefühl an die Lösung derselben und erwarb sich in kurzer Zeit durch sein menschenfreundliches Wesen und durch sein unermüdliches, von der Liebe zum Volke getragenes Wirken die Zuneigung und Ergebenheit der Untertanen in seltenem Grade. Schon Ende März 1848 erklärte er in der Thronrede, womit er den Landtag eröffnete, er fei stolz darauf, sich einen konstitutionellen König zu nennen, er werbe gewissenhaft die von seinem Vater in der Proklamation vom 6. März gemachten Zusagen erfüllen, sein Wahlsprnch sei „Freiheit und Gesetzmäßigkeit", und im Juni barauf Erlaß freihe^ sanktionierte er eine Reihe von Gesetzen, durch welche er die im bäuerlichen Interesse gelegene Ablösung der Gruublasteu (Umwandlung der Zehnten in ablösbare Bobenzinse) bewilligte, die stanbes-nnb gutsherrliche Gerichtsbarkeit aufhob, Schwurgerichte und die Öffentlichkeit und Mündlichkeit des Gerichtsverfahrens einführte, die Verantwortlichkeit der Minister anorbnete und eine neue Wahlorbnnng zum Landtag bestimmte, nach welcher die Abgeordneten nicht mehr nach Stäuben, sondern nach Wahlbezirken gewählt werben sollten. 2. Das Gesamtwohl seines Volkes in jcber Beziehung zu förbern, war das hohe Ziel, das der König bei allen seinen Maßnahmen unverrückt im Auge behielt. Seine eifrige Fürsorge und sein zur Entfaltung der Kräfte anspornender Einfluß erstreckte sich daher auch auf die Unterstützung der wirtschaftlichen Bestrebungen der einzelnen Bernfsklaffen, sowie auf die Pflege der Wissenschaften und Künste. a. Der Landwirtschaft kam das fchon erwähnte Gesetz vom Landwirtschaft. 4. Juni 1848 über Aufhebung, Fixierung und Ablösung der Grund- lasten zu gute, wodurch der Bauer aus einer unwürdigen Abhängigkeit befreit und in den Stand freier Grundbesitzer erhoben wurde. b. Der Industrie dienten die Errichtung von Gewerbekammern, Industrie, die Aufstellung von Fabrikräten und die Veranstaltung der ersten allgemeinen deutschen Industrieausstellung, die im Jahre 1854 in dem eigens zu diesem Zwecke gebauten Glaspalast in München stattfand. c. Zur Herbeiführung einer den Bedürfnissen der Zeit ent- Handel, sprechenden Entwicklung des Handels und Verkehrs erfolgte die Vermehrung der Eisenbahnlinien, die Erweiterung des Telegraphennetzes, die Einführung von Handelskammern und die Errichtung eines Handelsappellationsgerichtes in Nürnberg (1862). d. Den Wissenschaften und der fchöueu Literatur brachte Pflege der Maximilian Ii. eine ganz besondere Wertschätzung entgegen. Dieselbe ®tf'tn,d,aften-wurzelte in seiner eigenen äußerst gediegenen und vielseitigen Bildung, in der idealen Richtung seines Geistes und in dem lebhaft gefühlten Bedürfnis nach fortwährender Erweiterung feines Gedankenkreises. In Betätigung feines wiffenfchaftlichen Jnteresfes fcheute der König weder Mühe noch Opfer. Er gewährte den drei Landes-Universitäten große

5. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 143

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
§ 114. Reformen in Preußen und Anbahnung der Erhebung. 143 Eine andere Maßregel Steins bezweckte die Hebnng des Bürger stände s. Auch die Lage der Bürger war eine unerfreuliche, ganz geeignet, die Unternehmungslust zu lähmen, eine Verkümmerung ihrer wirtschaftlichen Fähigkeiten herbeizuführen. Die Städte standen ganz unter der Leitung der vom Staate eingefetzten Beamten, meist invalider Militärs und Staatsdiener, besaßen kein Verfügungsrecht über ihr Vermögen und waren in der Ausübung des gewerblichen Lebens außerordentlich beschränkt. Durch die sogenannte Städteordnung vom Jahre 1808 verlieh ihnen Stein das Recht der Selbstverwaltung und damit eine das Selbstbewußtsein hebende und die Kräfte an- spornende Stellung. Fortan wählten die Bürger die Stadtverordneten, die Stadtverordneten den Magistrat und bestimmte die Regierung ans drei von den Stadtverordneten in Vorschlag gebrachten Personen den Bürgermeister. Da im Jahre 1810 unter Hardenberg, einem Nachfolger Steins, noch verschiedene Erleichterungen von Handel und Gewerbe gesetzlich eingeführt wurden (Aufhebung des Zunftzwanges, Einführung einer-gemäßigten Gewerbefreiheit), so wurden die Städte zu lebenskräftigen, fchaffensfrendigen Gliedern des staatlichen Organismus, zu „Trägern des Gemeinsinnes und der Vaterlandsliebe". Die Wirksamkeit Steins erstreckte sich auch auf die Organisation der staatlichen Verwaltung. Er vereinfachte dieselbe, gestaltete sie einheitlicher und machte sie dadurch leistungsfähiger. An die Spitze der Verwaltung stellte er fünf in ihrem Reffort selbständige Fachminister für den ganzen Staat (Inneres, Finanzen, Äußeres, Krieg, Jnstiz); ferner vereinigte er die vielen Regierungsbezirke zu Provinzen (oberster Beamte ein Oberpräsident) und erstrebte die Errichtung von Provinzial- und Reichsständen, in welchen den einzelnen Berufskreisen Einfluß auf die Verwaltung eingeräumt werden sollte. Während früher die höheren Verwaltungsposten nur an Adelige vergeben wurden, so eröffnete Stein jedem Untertanen, ohne Rücksicht auf die Sphäre, der er entstammte, den Weg zu den höchsten Staats- b. Die Städte-Ordnung 1808. c. Organisation der staatlichen Verwaltung.

6. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 236

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
236 X. Vom Wiener Kongreß bis zur Wiederaufrichlung des Teutschen Kaisertums. um die Früchte ihres Sieges zu bringen. Diese Mission wurde dem greisen Staatsmann und Historiker Thiers übertragen. Er reiste noch in der ersten Hälfte des September nach London, Petersburg, Wien und Florenz; vergeblich. Keine der Mächte stellte bewaffneten Beistand in Aussicht. Alsdann ging man daran, den nationalen Widerstand zu organisieren und alle nur einigermaßen verwendbaren Kräfte zur Rettung des Vaterlandes aufzubieten. Die Lösung dieser Aufgabe übernahm G am betta. E-nschueßung 3. Inzwischen rückten die deutschen Streitkräfte von Sedan aus 19. Sept. 1870. gegen Paris vor, die Iii. Armee über Rheims, die Iv. über Laon und Compiegne. Die Heeresleitung beabsichtigte, die Millionenstadt einzuschließen und Bevölkerung und Besatzung durch Aushungerung zur Übergabe zu zwingen. Es war das ein Riesenunternehmen, dessen Durchführung Vorsicht, Umsicht, Energie, Ausdauer und Wagemut im höchsten Grade erforderte. Man bedenke: Paris war seit 1840 die gewaltigste Festung der Welt, war von einem Ringwall und einem Gürtel starker Außenforts umgeben und hatte etwa 400000 Mann Besatzung, teils Linientruppen und Seesoldaten, teils Mobilgarden; die Verpflegung der Belagerer mußte fast ganz von der Heimat aus geschehen; nur wenige Wege standen dem Transport der Bedarfsartikel offen und die Provinzen, durch welche sie führten, wurden von den rasch auftauchenden und umherschwärmenden Franktirenrsbanden beunruhigt. — Am 17. September erreichten die deutschen Vortruppen die Hauptstadt. Sofort begannen sie die Umzingelung und schon am 19. September schloß sich der von 150 000 Mann (später 250000) gebildete, etwa 70 km lange, eiserne Ring (im Norden und Westen Preußen, im Süden Preußen und Bayern, im Osten Württembergs und Sachsen), der sich erst dann wieder öffnete, nachdem sich das ge-demütigte Paris, „die Metropole der Zivilisation", wofür es die Franzosen ansahen, ergeben hatte. Am 5. Oktober verlegte Wilhelm I. das deutsche Hauptquartier nach Versailles. In dem Prunkschlosse, wo einst Ludwig Xiv. seine ans die Schwächung Deutschlands gerichteten Ränke schmiedete, wo später Napoleon Iii. die Siege der Franzosen über die Deutschen in mächtigen Wandgemälden darstellen ließ, schlug jetzt der greise Heldenkönig sein einfaches Feldbett auf, traf Moltke in großen Zügen die Maßregeln zur Überwindung des repu-blikauifchen Frankreich, errichtete man Lazarette zur Pflege der Verwundeten und Kranken. Ausfälle. 4. Selbstverständlich bot die Regierung der nationalen Verteidi- gung alles auf, um den Belagerungsgürtel zu durchbrechen. Die Besatzung unternahm verschiedene Ausfälle: so am 28. Oktober bei Le Bourget im Nordosten, am 30. im Südosten, am 19. Januar im Westen vom Mont Valerien aus. Alle diese Unternehmungen aber

7. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 59

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
§ 90. Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst. 59 zugesichert wurde. Im Frieden zu Oliva bei Danzig (1660) erfolgte die Bestätigung des Wehlauer Vertrages. — Weitere Gelegenheit zur Erprobung der Tüchtigkeit seines Heeres bot ihm der Holländische Krieg 167*2—1679. (Über seine Beteiligung daran s. § 83, 3, 4 und 5. Fehrbell in 1675.) 4. Veraeaenwärtiaen wir uns nun noch die Wirksamkeit, welche Friedrich Wu- . , . , Helm als Regent: Friedrich Wilhelm als Regent entfaltete. Sie war eine außerordent- a^segnmbuna lieh energische und segensreiche. Vor allen Dingen war es ihm darum emheit. zu tun, in der Bevölkerung der zersprengt gelegenen Gebiete seines Staates (Preußen jenseits der Weichsel, Brandenburg zwischen Elbe und Oder, Minden a. d. Weser, Kleve u. s. w. am Rhein) das Gefühl der Zusammengehörigkeit hervorzurufen, das Bewußtsein, daß man Glieder eines Ganzen mit gemeinsamen Interessen und Aufgaben bilde, das nur durch kräftiges Zusammenwirken aller Teile gedeihen könne. Anfangs fühlten sich Rheinländer, Brandenburger und Preußen nur durch die Person des Herrschers mit einander verknüpft. Ein anderes Band gab es nicht. Jede Landschaft hatte andere Ordnungen und Gesetze. Friedrich Wilhelm schuf, wo möglich, für alle Teile die gleichen Gesetze und Einrichtungen, verwendete gegen alles Herkommen die Beamten nach Gutdünken, also z. B. Rheinländer in Brandenburg und umgekehrt, und brachte es dahin, daß die Steuern ohne Rücksicht ans die Quellen, aus welchen sie gefloffen, Verwendung fanden, also beispielsweise die Gesamtsteuer hauptsächlich zum Besten einer Provinz verausgabt werden durfte. Da die Landstände, welche diese Neuerungen bekämpften, manche Steuer nicht bewilligten, so führte der Kurfürst indirekte Stenern, die sog. Ae eise ein, d. i. eine Abgabe für die eingehenden und ant Orte abgesetzten Bobenerzengnisse und Kaufmannswaren, was zur Folge hatte, daß auch der Abel, der von der bireften Steuer größtenteils befreit war, einen Teil der Staatslasten zu tragen hatte. Ein Hauptanliegen war ihm die Förberung von Lanbwirtschast, Industrie unfc> Handel, der Wohlstandsquellen eines Volkes. Landwirtschaft: Wo er konnte, suchte er die Wunden des großen b) Sorge für Krieges zu heilen. Er zog fremde Bauern (namentlich ans Holland Industrie und' und Schlesien) ins Saud, gab ihnen Grund und Boden, Vieh und Saatgetreide, ließ die sumpfigen Niederungen an der Havel, Spree und Oder entwässern und in fruchtbare Strecken umwandeln, veranlaßte den Wiederaufbau zerstörter Dörfer und gewährte zuweilen den Bauern auf eine Reihe von Jahren Erlaß der Abgaben. — Industrie : Zur Hebung derselben gewann er durch wertvolle Begünstigungen (unentgeltliche Überlassung von Bauplätzen, mehrjährige Steuerfreiheit) auswärtige Handwerker und Arbeiter und ermunterte zur Grünbung von Fabriken (Metallwerke, Glashütten, Zuckerfiebereien,

8. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 84

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
84 Viii. Vom Westfälischen Frieden bis zur Französischen Revolution. seine Magazine und verteilte unentgeltlich oder gegen geringe Bezahlung Getreide zur Aussaat; desgleichen überließ er den Bauern eine große Anzahl von Militärpferden zur Landbestellung. Den Provinzen, welche im Kriege am meisten gelitten hatten, gewährte er einen Steuernachlaß, manche erhielten sogar namhafte Zuschüsse, Schlesien allein drei Millionen. Fortwährend zog Friedrich neue Kolonisten ohne Unterschied der Religion und Nation in die entvölkerten Distrikte, im ganzen etwa 50 000 Familien, und begünstigte sie, wie er nur konnte. Die produktive Arbeit derselben kam insbesondere den Niederungen an der Oder, Warthe und Netze zu statten, wo sich viele Dörfer und Städte aus den Trümmern erhoben, Sümpfe trocken gelegt und Wüsteneien in wohlangebautes Ackerland verwandelt wurden: ein Erfolg, über den sich der König mehr freute, als über die Eroberung Schlesiens. — Wie sehr nun Friedrich auch den Bauernstand schätzte, er konnte sich doch nicht entschließen, demselben durch Aufhebung des Abhängigkeitsverhältnisses, das zwischen ihm und den Gutsherren bestand (Erbuntertänigkeit, Leibeigenschaft), zu einer durchgreifenden Verbesserung seiner materiellen Lage und sozialen Stellung zu verhelfen. Eine despotische Beraubung des Adels vertrug sich nicht mit feinen Grundsätzen und zu der durch eine gesetzmäßige Ablösung notwendig gewordenen Entschädigung fehlte ihm das Geld; ferner hielt er es für bedenklich, sich einen Stand zum Feinde zu machen, der ihm die Offiziere lieferte. So beschränkte er sich darauf, durch menschen-freundliche Verordnungen, obrigkeitliche Überwachung Druck und Mißhandlung vom Bauern fern zu halten. Gewerbe und 3. Neben der Landwirtschaft waren es Gewerbe und Handel, die sich der eifrigen Fürsorge Friedrichs erfreuten. Er hielt einen leistungsfähigen Gewerbestand und einen lebhaft betriebenen Handel unentbehrlich für das Aufblühen eines Staatswesens. Gewerbsleiß, technische Fertigkeit und Unternehmungslust waren aber während der Kriegsjahre bedeutend herabgesunken und das Volk war mit seinen Bedürfnissen ganz auf die ausländische Industrie (England, Holland) angewiesen. Um einen für das Land vorteilhaften Wandel zu schaffen, ermunterte Friedrich zur Anlage von Fabriken, begünstigte er die Einwanderung tüchtiger Arbeiter und die Einbürgerung von neuen Industrien. Auch suchte er der heimischen Industrie dadurch deu inländischen Markt zu sichern, daß er die Einfuhr fremder Fabrikate mit hohen Zöllen belastete und die Ausfuhr von manchen Rohprodukten, z. B. der Wolle, verbot. In verhältnismäßig kurzer Zeit blühten verschiedene Zweige der industriellen Tätigkeit, wie Leinwand-, Wolle- und Baumwollenindustrie, dann die Glas- und Porzellanmanusaktur fröhlich empor. Finanzpolitik. 4. Um die Einnahmen des Staates zu vermehren, bildete Friedrich

9. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 86

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
86 Viii. Vom Westfälischen Frieden bis zur Französischen Revolution. Liebe zu den Wissenschaften. Stellung zur deutschen Literatur. seiner Regierung verfügte Friedrich über 80 000, am Ende derselben über 200 000 Mann. Wie hoch aber auch das preußische Heer als Ganzes über den Streitkräften anderer Staaten stand, es war doch weit von vollkommenen Zuständen entfernt. Ein großer Mißstand war das Werbesystem, durch welches fremde, von keinem nationalen Geist erfüllte Individuen in die Armee kamen, die eben nur von einem Friedrich zu außergewöhnlichen Kraftanstrengungen angespornt werden konnten. Ein anderer Mißstand bestand in der von dem König geübten Praxis, alle Offiziers stellen mit Adeligen zu besetzen, wodurch notwendigerweise eine Klnst zwischen der Armee und der bürgerlichen Gesellschaft geschaffen werden und der Osfiziersstand mit der Zeit an Tüchtigkeit verlieren mußte. Als eine Folge der genannten Mängel haben wir den Verfall anzusehen, der im preußischen Heer eintrat, nachdem Friedrichs Geist von demselben gewichen war. 7. Neben der Sorge für die wirtschaftlichen Güter seines Volkes, neben seinen Bemühungen um Verbesserung der Rechtspflege und des Heerwesens war es Friedrich immer Bedürfnis, sein Wissen zu bereichern und seinen Gedankenkreis zu klären. Die Beschäftigung mit den Wissenschaften, der Umgang mit Gelehrten und Schriftstellern gewährten ihm die genußreichsten Stunden seines Lebens, Erheiterung und Erquickung nach den aufreibendsten Geschäften seines Berufes. Der Drang nach höherer Erkenntnis verließ ihn nicht, er mochte nun nach der Ausübung verantwortungsvoller Regentenpflichten in den schattigen Anlagen des von ihm geschaffenen Sanssouci (bei Potsdam) lustwandeln oder nach dem Toben der Schlacht, bedrängt von seinen Feinden, niedersinken. Er versenkte sich in die Probleme der Philosophie, studierte Leibniz und Wolfs, durchwanderte mit kritischem Blick die Geschichte der Völker, las mit Vorliebe die französischen Dichter und Denker (Voltaire) und orientierte sich sorgfältig in allen staats-und kriegswissenschaftlichen Fragen. Und alles, was den gewaltigen Geist in Anspruch nahm, das setzte seine Feder in Bewegung. — Aber merkwürdig: er, der selber so tief in alle Gebiete des Wissens und Forschens eingedrungen war, tat verhältnismäßig wenig zur Hebung der Volksbildung. Über der Pflege der materiellen Kräfte des Landes wurde das Volks sch ul wesen vernachlässigt. Ausgediente alte Soldaten und Invaliden erhielten die Schulstellen, ja nicht selten wurden Handwerker mit der Unterweisung der Jugend betraut. 8. Ebenso ausfallend und befremdend ist die Stellung, die er der deutschen Literatur gegenüber einnahm. Sie gab zuweilen Anlaß, ihm Verkennung des deutschen Wesens, Mangel an deutschem Sinn zum Vorwurf zu machen. Friedrich bediente sich im Umgang wie in seinen Schriften vorzugsweise der französischen Sprache; die deutsche war ihm zu roh, zu spröde in ihren Wendungen, zu arm

10. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 192

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
192 X. Vom Wiener Kongreß bis zur Wiederaufrichtung des Deutschen Kaisertums. unsere Ketten brach, die Schmach des Vaterlandes, die Entfremdung dieses Ufers wandte — es ist der Geist der Einigkeit und Kraft; ihm mögen die Kölner Dompforten Tore des herrlichsten Triumphes werden." smten'in^Hinsicht 8. Vier Jahre nach der Kölner Domfeier, 1846, flammte das °ufstefnmi9’ uationale Gefühl abermals hell empor. Die dänische Krone, mit welcher die Herzogtümer Schleswig-Holstein durch Personalunion verbunden waren (§ 137, 1), hatte schon lange darnach getrachtet, jene Gebiete dem dänischen Staate als Provinzen einzuverleiben. Anderseits hatte die Bevölkerung der Herzogtümer gehofft, es werde in absehbarer Zeit, nämlich nach dem bevorstehenden Erlöschen des Mannesstammes des älteren dänischen Königshauses, Schleswig-Holstein, wo die Erbfolge der weiblichen Linie ansgeschlosfen war, von Dänemark getrennt werden und auf die deutsche Linie Sonder burg-Augusteubürg übergehen. Im Juli 1846 erließ nun Christian Viii. von Dänemark einen „offenen Brief," worin er den Angustenburgern das Erbrecht anf die Herzogtümer entzog und die Fortdauer der Personalunion auch für die in Dänemark erbberechtigten Glücksburger einseitig verfügte. Die dem Deutschtum drohende Gefahr rief in allen Kreisen und Teilen des deutschen Vaterlandes eine lebhafte Agitation für die Herzogtümer hervor, die in einer poetischen Kundgebung, in dem vielgesungenen Liede: „Schleswig-Holstein, meerumschlungen — deutscher Sitte hohe Wacht u. f. w." einen treffenden Ausdruck fand. Von nun an bildet die Schleswig-holsteinische Frage bis zu ihrer Lösung in den sechziger Jahren einen Gegenstand nationaler Bestrebungen und diplomatischer Verhandlungen. Ii. Aon den Stürmen des Jahres 1848 öis zum Wegierungsanlrilt Wilhelms I. § 133. Die Revolution von 1848. Die Februar- 1. Das Jahr 1848 trat geräuschvoll in die Welt. In Paris, grrantsni848. wo man sich schon zweimal, 1789 und 1830, gegen die Obrigkeit erhoben hatte, rüttelte man wieder an den Grundlagen des Thrones. Der Bürgerköuig Louis Philipp (§ 130, 1) hatte das Wahlrecht zur Volksvertretung in einseitiger Begünstigung der wohlhabendsten Klaffe der Bevölkerung gestaltet. Die Minderbegüterten und die Arbeiter grollten. Sie verlangten Umänderung der Verfassung, und als die zu diesem Zwecke veranstalteten Versammlungen (die sog.
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